Ein tot Geglaubter Traum : 100'000Euro GT SYNCRO

[alex_]

Aber mal ganz ehrlich, für die investierte Kohle hätte ich jetzt echt eine viel bessere Substanz erwartet. Aber trotzdem, er steht (stand) noch wirklich gut da.

Richtig. Man muss aber etwas weiter denken :

Dieser Passat wurde immer gefahren. Winter und Sommer. Die 100'000 investiertes Geld kam ja nicht am Schluss auf einmal, sondern verteilt über die letzten 21 Jahre. Im Durchschnitt gesehen wurde halt jedes Jahr 5000.- Fr investiert.
Ab 2010 gings dann richtig los mit Rost, da wurde anschliessend eigentlich jegliches Blechteil etappenweise ausgetauscht. Sogar die komplette Seitenwand ist neu. Diesen Passat würde es dementsprechend schon lange nicht mehr geben , er wurde regelrecht gebraucht, aber halt immer wieder auf Vordermann gebracht.

Hier kommt der Fakt dazu, dass wir Schweizer von den Vertragswerkstätten regelrecht abgezockt werden. Wenn ihr in Deutschland das Gefühl habt, viel für original Teile und Arbeitsstunden zu bezahlen, solltet ihr mal die Schweizer Ansätze betrachten...das ist oftmals der reine Wahnsinn und schiere Frechheit. Kaufkraftabschöpfung nennt man sowas

Zu guter Letzt wurde an dem Fahrzeug auch gepfuscht : In gutem glauben hat der Vorbesitzer immer schön investiert und machen lassen bei der Werkstadt seines Vertrauens. Die Arbeiten wurden aber leider nicht immer sauber durchgeführt, siehe z.b. den mit lackierten Tank, oder den durchgerosteten Seitenschweller : Dieser wurde vor 15 Jahren bereits mal komplett gemacht für teuer Geld, leider haben sie es verpasst, diesen wieder sauber zu konservieren, weshalb er nun erneut durch war

Aber im Ernst, diesen Passat hätte man spätesten 2010 in den Export abschieben müssen .....bevor die heftigen Reparaturen starteten....


Sei es drum, Glück für mich ein solches Exemplar erwischt zu haben. Übrigens, der Wagen wird ebenfalls noch immer das Ganze Jahr durch gefahren, vor allem im Schnee, ganz im Sinne des Vorbesitzers


https://www.youtube.com/watch?v=1j6tS502gpg

[alex_]

Auspuffanlage, Radio, Dachfenster :


Zu erwähnen ist noch, dass es der Vorbesitzer satt hatte, alle 10 Jahre eine neue originale Auspuffanlage kaufen zu müssen, weil die zuvor montierte erneut davon gerostet war.

Also lies er sich in Giswil eine Edelstahlanlage ab Kat anfertigen, welche eine CH-Homologation aufweist. Rechnung und Gutachten etc. alles vorhanden, die Anlage hatte knapp 3000.- Fr. gekostet.

Leider empfand ich diese Auspuffanlage leiser als die originale, und das Motor bzw. Leistungsmässig eh noch was folgen würde, habe ich mir Kurzerhand eine Edelstahlanlage ab 3 Fluter gebaut in 2,5 Zoll, inkl. 100 Zellen Metallkat.

Der Sound ist nun recht ähnlich (vielleicht etwas lauter) als bei den BN Pipes Anlagen welche gerne bei den Audi 80/90 verbaut werden = Nach über 33 Jahren darf der Passat endlich seinen grollenden donnerigen 5-Zylinder-Sound entfalten, welchen wir alle so lieben !


Radio: Unbedingt sollte ein nostalgisches Design her, welches mit aber die Möglichkeit der Bluetooth-Anbindung mit meinem Handy bietet. Im Audi 90 habe ich den Blaupunkt DAB SQR46 verbaut. Bei diesem ist soweit auch alles top, der macht was er soll, sieht geil aus, ist aber leider mit damals um die 400 Euro masslos überteuert. Wir sprechen von einem Radiogerät, welches die zur Zeit üblichen Standards aufweist, eine billige "nostalische Plastikblende" verbaut hat und in China produziert wird. Sowas mit Marke kostet ansonsten zwischen 100-200 Euro aktuell.

Deshalb habe ich mich für die Version "Alt" entschieden. Über E-Kleinanzeigen habe ich mir einen alten Blaupunkt SQR 48 Nashville erstanden, welcher damals bei Porsche erhältlich war. Angeblich das Topmodel. Dieses weist bereits schon einen Aux-In an Vorder- und Hinterseite (Din8) auf sowie EQ-Knöpfe auf. An dem Radio musste ich das Kassettenlaufwerk reparieren (es war eine Kassette verklemmt), dann die Beleuchtung ändern von orange auf Grün, und einen BT-Empfänger mittels Adapterkabel anbauen. Mit Glück fand ich sogar noch eine neue Frontblende.
Zusätzlich habe ich eine BT-Fenbedienung versteckt hinter dem Lenkrad montiert.

Ich bin von dem alten Blaupunkt Flaggschiff noch immer begeistert !


Dachfenster : Das Hebe-Schiebedach funktionierte zwar, jedoch war der innere Bezug nicht mehr vorhanden. Also das Ding ausgebaut und neu bezogen. Ich habe selten eine solche s****** Arbeit gemacht, habe das Teil fast nicht mehr rein bekommen und bin fast verzweifelt daran....ich muss das Ganze aber dann nochmals machen, da ich den Stoff etwas beschädigt hatte bei Einbau ...gut, immerhin weiss ich nun wie es geht...

[Günter]

Wenn ihr in Deutschland das Gefühl habt, viel für original Teile und Arbeitsstunden zu bezahlen, solltet ihr mal die Schweizer Ansätze betrachten...das ist oftmals der reine Wahnsinn und schiere Frechheit. Kaufkraftabschöpfung nennt man sowas

Hallo Alex,
dazu muß man aber auch wissen, daß in der Schweiz die allgemeinen Lebenshaltungskosten ganz anders sind wie in D, das ganze ist natürlich nur mit einem ebenfalls anderen Monatseinkommen möglich.

und natürlich auch von mir herzlichen Glückwunsch zu dem Passat

[Roman]

Das Nashville SQR 48 war nicht das Topmodell, sondern darüber gab es noch das fast gleich aussehende Woodstock SQR 88.
Das Woodstock hat mehr:
- Dolby C
- 4x 26 Watt anstatt 2x 26 Watt
- DNR
- automatische Bandsortenumschaltung anstatt manuelle Bandsortenumschaltung
- Scan der Senderspeicher

Hier beide im Blaupunkt-Prospekt:


Grüße
Roman

[alex_]

So, nun wird es allmählich etwas technisch

Ich hatte in der Vergangenheit schon mehrere 5 Zylinder Fahrzeuge, und habe mich mit deren Details und auch der Ke-Jetronik tiefgründig auseinandergesetzt.


Ein vergangenes Projekt war dann mein Audi 90 Typ 81, welcher ab Werk den 2.2l KX Motor mit "angeblich 115PS verbaut hat. Diesen habe ich überarbeitet und gemessene 140PS erzielt. Auf diesen Motor möchte ich aber hier nicht weiter eingehen.

Die Ausgangslage war aber nun, dass der Passat ebenfalls den KX, bzw. dessen Baugleichen Bruder JT mit 120PS verbaut hat.

Die KX/JT Motoren sind aus meiner Sicht schlichtweg eine Fehlkonstruktion :

Nicht etwa der verbaute Kat ist das Problem und frisst die Leitung, so wie es manche glauben :

Als die Vorschriften 1985/86 bei uns verschärft wurden, hat VW/ Audi das Motorkonzept einfach aus dem bereits existierenden USA-Modellen genommen. Dort war zu der Zeit nur 91 Roz verfügbar, weshalb die Motor absolut "unterverdichtet" sind. Die angebenden Verdichtungen stimmen übrigens nicht, wer schon mal solche Motoren ausgelitert hat weiss, dass weder KV noch NG eine 10:1 Verdichtung haben (ca 9.6:1 wird da passen), und ebenfalls KX/JT nicht auf 8,5:1 kommen. Da liegt die Wahrheit ziemlich nah bei 8,0:1 !!!

Wer sich etwas mit Motorentechnik befasst, weiss dass eine Verdichtung von 8,0:1 nicht mal bei hochaufgeladenen Turbo Motoren von Nöten ist. Bei einem Saugmotor führt sowas zu erhöhtem Verbrauch, Trägheit bzw. der Motor wird einfach ineffizient. Weiter sind die verbauten Nockenwellen etwas zahm, wodurch der JT Motor nicht kräftig durchzieht und nur widerwillig hochdreht.
Dies ist beim KV / JT um einiges besser. Ebenso kommt der KV besser aus dem Drehzahlkeller heraus. Das oftmals gepriesene Drehmoment beim 5 Zylinder sucht man beim JZ unter 3000 Touren auf jeden Fall vergeblich.



Um meinem Passat auf die Sprünge zu helfen, musste also der Motor umgebaut werden, ähnlich wie ich dies 2 Jahre zuvor beim Audi gemacht hatte.

Die Zielsetzung : Einen sparsameren Motor bauen, welcher bereits ab Niedrigen Drehzahlen sauber anzieht (5 Gang innerorts z.B.) , willig am Gas hängt und sauber durchzieht bis hoch auf 6000 Touren hoch, genau so stelle ich mir einen Alltagsmotor vor. Budget sollte 2500 Fr. ausreichen, da ich praktisch alles selber machen kann und die nötigen Teile Preiswert aufzutreiben sind.

Zu aller erst braucht es andere Kolben um auf eine vernünftige Verdichtung zu kommen. Die KX/JT Kolben verfügen über viel grössere Kolbentaschen als beim KV. Somit müssen diese Kolben zwingend raus, alles andere bringt nichts. Da ich aktuell keinen Satz günstiger KV Kolben gefunden habe, habe ich mir kurzerhand einen kompletten Motorblock vom audi 2,3l NG besorgt , also mitsamt Kolben, Kurbelwelle, Pleuel etc. Diese NG Motoren bekommt man aktuell sehr günstig, und sie haben den Vorteil, effektiv ca. eine Verdichtung von 9,6:1 zu haben, und eine 82,5mm Bohrung aufzuweisen. Etwas mehr Hubraum kann ja schliesslich auch nicht schaden.

Der NG Block soll angeblich 160t Km Laufleistung haben, was uns vom Zustand her auch Plausibel erschien. Für den Block mit den Innereien habe ich übrigens 100.- Euro bezahlt, plus nochmals 70 Euro für Versand

Den Block haben wir dann direkt revidiert. Zerlegt, alle Lager neu, neue Kolbenringe, neuer Hohnschliff, Block lackiert und geplant und wieder zusammengebaut.

[alex_]

Das Nashville SQR 48 war nicht das Topmodell, sondern darüber gab es noch das fast gleich aussehende Woodstock SQR 88.
Das Woodstock hat mehr:
- Dolby C
- 4x 26 Watt anstatt 2x 26 Watt
- DNR
- automatische Bandsortenumschaltung anstatt manuelle Bandsortenumschaltung
- Scan der Senderspeicher

Hier beide im Blaupunkt-Prospekt:


Grüße
Roman

Geil, danke dir für die Infos, sehr interessant, habe ich auch wieder was gelernt

[alex_]

Der Unterbau des Motors war also schon mal vorhanden. Nun hätte man den gesamten Rest einfach vom bestehenden JT Motor im Passat nehmen können.
Da ich den Wagen aber täglich fahre, und ich den Motor deshalb noch nicht ausbauen wollte, damit die Standzeit möglichst kurz gehalten werden kann, habe ich mir einen anderen Zylinderkopf besorgt.

Am optimalsten wäre hierbei sicherlich der NF1 Zylinderkopf, welcher über grössere Ein oder Auslassventile verfügt, und aber gleichzeitig die Einspritzdüsen im Kopf verbaut hat. Da dieser schwierig aufzutreiben ist, habe ich einen günstigen KV Kopf von eine Kollegen genommen.
Der KV Kopf sollte meiner Meinung nach identisch sein zum KX/JT, gut, die Aufnahme für die elendige Unterdruckpumpe ist nicht ausgearbeitet, diese fliegt aber bei mir so oder so immer raus, weshalb das keine Rolle spielt.

Den Kopf haben wir dann komplett überarbeitet bzw. instandgesetzt:

- Ultraschallgereinigt
- Neue Ventilführungen
- Dbilas 272' Nockenwelle verbaut
- Neue INA Hydrostössel
- Ventile neu eingeschliffen (jedoch die originalen)
- Nockenwelle eingemessen mittels verstellbarem Nockenwellenrad
- und noch einiges was ich wohl vergessen habe

Den kompletten Motor haben wir anschliessend ausgelitert. Das angestrebte Ziel war es, den Motor auf eine Verdichtung von 10,7:1 zu bringen.
Um dies realisieren zu können, haben wir den Kopf um 2.01mm abgefräst.

Dies bringt einige Probleme mit sich, z.B. ist anschliessend der original Zahnriemen zu lang und kann dadurch nicht mehr ausreichend gespannt werden. Um dies zu beheben, wurde auf die Spannrolle ein 2mm Ring aufgeschrumpft. Kopfdichtung und Kopfschrauben haben wir orignale verbaut, da ich der Meinung "war", dass dies ausreichend ist für einen solchen Saugmotor

[Manni]

Sau Geil!
Mir gefällt die Wiederbelebungsgeschichte sehr gut.

Gruß Manni

[alex_]

Der neue Motor war somit eigentlich fertig.
Über Weihnachten-Neujahr 2020 habe ich diesen dann eingebaut. Dabei kamen meine bewährten Industrie-Silentblöcke und verstärkte Ultra Performance Getriebelager von Audi100.net zum Einsatz. Damit hätte ich bis aufs Getriebe selber alles gemacht, was dem elendigen bekannten Lastwechselschlagen entgegenwirken kann. Dieses ist nämlich trotz aller Antriebswellenlager, Revidiertem Diff, revidierter Kardanwelle noch immer vorhanden.

Die Kupplung war noch wie neu, konnte also beibehalten werden. Alle Anbauteile habe ich vom Ausgebauten JT Motor verwendet. Das Umschrauben auf den neuen Motor, welcher auf dem Tisch bereit liegt ist natürlich eine geschenkte Arbeit, viel schöner als wenn der Motor bereits im Fahrzeug drin wäre.

Ebenfalls habe ich direkt die Ansaugwege freigemacht. Dazu vergösserte ich das Volumen des Luftfilterkastens, und fügte ihm zwei 3 Zoll Zuleitungen hinzu. Der originale Luftfilter wurde ersetzt gegen einen K+N. Anschliessend wurde die Drosselklappe auf ein Maximum aufgefräst und mit neuen Klappen versehen. Die Ansaugbrücke natürlich darauf angepasst.

[matthias s]

Ui das ist ja richtig viel Lesestoff
Zunächst mal, sehr schöner Fuhrpark! Klassisches Saugertuning gefällt mir (auch). Bei mir ist es aber anders rum, da ist der Audi Winterauto und die 32B inzwischen eher schön Wetter Autos.

Hast Du schon gute Erfahrungen mit den Dbilas Nockenwellen und möglichen Stößel Paarungen? Damit hat es in einem anderen Forum gerade richtig Kleinholz schon in der Einlaufphase eines neu aufgebauten Motors gegeben.

Die 100000 Franken sind natürlich ein Hammer, aber wundern mich eigentlich nicht weiter. Mein Vater hat seine Autos früher auch immer VAG Werkstatt pflegen lassen, ich kann mich noch an die gepfefferten Rechnungen an seinen damals aktuellen Passat erinnern. Was bei den drei 32 und 32B gut ging , lief bei seinen beiden 35i völlig aus dem Ruder, wenn mich recht erinnere hat er von 1992 bis 98 12000 D-Mark an Reparaturen nacheinander in die beiden labilen Kisten versenkt und dann VW den Rücken gekehrt.
Wenn dann noch Karosserie arbeiten dazu kommen, wundert erst recht nichts mehr, außer dass die Grundsubstanz deines Syncro überhaupt die vielen salzigen Schweizer Winter überlebt hat. Meine Tochter lebt auch in der Schweiz, bei jedem Besuch im Winterhalbjahr wundere ich mich über die Unmengen Salz und sowieso die Preise dort, anderseits verdient sie dort auch das doppelte wie ich.

Zu deinen Schlussfolgerungen mit den niedrig verdichteten G-Kat-Motoren wäre noch hinzufügen, dass es nicht nur in der USA, sondern auch in D zunächst nur bleifreies Benzin mit 91 Oktan gab, was die niedrige Verdichtung nötig machte. Ab 86 kam zwar noch bleifrei 95, das heutige super 95 hinzu, aber es setzte sich nur ganz langsam durch, so dass sich auch die höher verdichten Kat Motoren zunächst nicht durchsetzen und sich dem entsprechend kaum verkauften. Beispiel wäre der nur 2 Jahre gebaute SD Motor, der dann durch den niedriger verdichten Motor mit mehr Hubraum abgelöst wurde.

Grüße, Matthias